Junge Männer stehen heute auf reife Frauen

Béatrice Stössel, 05.07.2023

Béatrice Stössel
Béatrice Stössel

Susanne erwachte, streckte sich und gähnte. „Was ist heute angesagt?“, fragte sie sich im Halbschlaf? „Ach ja, heute war der Nixentreff“, dämmerte es ihr schwach. Sie, die drei Freundinnen aus der Schulzeit, wollten wie jedes Jahr die Aquafit-Freibad-Saison einläuten. Schlaftrunken schlüpfte sie aus den Federn, trippelte wie in Trance in die Küche, schaltete mit traumwandlerischer Sicherheit die Kaffeemaschine ein und gönnte sich eine Tasse Espresso. Ein starker Kaffee war genau das richtige.

Als sie sich in der Küche umsah und die am Vorabend bereitgestellten Putzutensilien entdeckte, die sie unbarmherzig an das Pflichtprogramm des Morgens erinnerten, war ihr Stöhnen nicht zu überhören. Sie schlurfte Richtung Badezimmer, wusch sich mit eiskaltem Wasser den Schlaf aus dem Gesicht und schlüpfte in den Trainingsanzug. Ihr Telefon klingelte. Der Versuch ihren Namen zu sagen, wurde wortreich verhindert.

„Bella, ich freue mich so auf unseren Start im Aquafit. Du hast den Prosecco hoffentlich kühl gestellt? Sag’ wann beginnt die Lektion genau?“ Es war Corinne, die ihr munter ins Ohr schnatterte. „Die Lektion beginnt um halb zwei“, antworte Susanne mit matterStimme. „Was ist denn mit dir los“, wollte Corinne wissen. „Es ist Montag, ich muss vor unserem Treffen noch putzen!“ „WASSSS? Du putzt noch selbst? Ich lasse putzen! Mein Mister Robot macht alles sauber, während ich weg bin, du solltest dir auch so ein Ding anschaffen. Weißt du was? Ich komme gleich jetzt zu dir und bringe Mister Robot mit, dann kannst du mal erleben, wie es sich anfühlt, wenn man nicht mehr selbst saubermachen muss.“ Bevor Susanne irgendwelche Einwände vorbringen konnte, war die Verbindung unterbrochen.

Wenig später klingelte es erneut, ... dieses Mal an der Haustüre. Draussen stand Corinne und neben ihr Mister Robot, in einer grossen, blau-gelben Tasche. „Ciao Bella, hier sind wir: “ Wie ein Wirbelwind stürmte Corinne in die Wohnung, packte Mister Robots Ladestation aus und schloss das Teil an den Strom an. Nur Sekunden später suchte sich der runde Zylinder seinen Weg durch die Räume. „Na, .... ist das was?“, wollte Corinne wissen. „Nun ja, nicht wirklich schlecht“, gab Susanne kleinlaut zu.

Kurz darauf traf Melanie ein. Sommerlich neu eingekleidet in einen federleichten seidenen Kaftan im Tigermuster. Sie ging wiegenden Schrittes vor den staunenden Freundinnen auf und ab. Wie immer, war sie die Eleganteste der drei Nixen. Schlank und rank, wie einst, als sie noch als Mannequin arbeitete. Etwas neidvoll, schauten die beiden Freundinnen zu, wie sie sich drehte und wendete. „Was meint ihr, habe ich so Chancen bei jungen Bademeistern?“ „Na hör mal, du willst doch nicht etwa in der Juniorenliga mitmischen, grinste Corinne. „Aber sicher, junge Männer stehen heute auf reife Frauen“, gab Melanie schlagfertig zurück und machte es sich auf dem Sofa bequem. „Kommt, setzt euch zu mir“, forderte sie die Freundinnen auf, diese liessen sich links und rechts neben der adretten Melanie aufs Sofa fallen. „Füsse hoch“, schrie Susanne! Mister Robot steuerte auf seiner Putz Tour geradewegs auf die Sitzbank zu. Drei Paar Füsse schossen in die Höhe und senkten sich wieder auf den Boden, während die rotierende Diskusscheibe weiterfuhr. Susanne schaute auf die Uhr. „Ladies, es ist zwölf Uhr vorbei“. „Endlich“, seufzte Corinne theatralisch. „The same procedure as last year?“, fragte Suanne mit einem Augenzwinkern. „The same procedure as every year, my dear”, antworteten die Freundinnen im Chor.

Susanne eilte leichtfüssig in die Küche und kam mit der Prosecco Flasche und den Gläsern zurück, derweil Melanie die Tortenschachtel mit den Lachssandchwiches auf dem Tisch drapierte. Die drei Badenixen zelebrierten ihr Eröffnungsritual. „Lachsbrötchen und Prosecco, unser Doping fürs Aquafit“, sang Melanie mit vollem Mund und Corinne rief einmal mehr: „Füsse hoch“, weil Mister Robot auf seiner Runde erneut auf sie zusteuerte, um die Krümel aufzusammeln, welche die drei Grazien bereits wieder auf den blankgefegten Boden hatten fallen lassen. Sie kicherten und fanden es toll. „Die Zeit rast“, mahnte Susanne. „Wir müssen los, der Bademeister wartet.“ Die drei Nixen schnellten von ihren Sitzen hoch, griffen nach den Badetaschen und marschierten beschwingten Schrittes los.

Wer das Trio von hinten sah, hätte wirklich glauben können, es seien ausgelassene Teenies.

Das waren sie auch – Teenager – Spätlese eben. Und Susanne befand gutgelaunt: „So macht Putzen richtig Spass.“

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