Ich bin wütend -richtig wütend!

Verena Lüthi, 31.05.2023

Verena Lüthi
Verena Lüthi

Ich erinnere mich! 

Es ist jetzt drei Jahre her, als ich in einem Anflug von Euphorie meine Kleider ausmistete. Alles was in die Kategorie Zelt gehörte wurde rigoros verschenkt. Schliesslich hatte ich es tatsächlich geschafft und zwanzig Kilo abgenommen, dies nur mit der Umstellung meiner Ernährung. Ich war überzeugt, jetzt habe ich das Ei des Kolumbus gefunden. Nie mehr in meinem Leben werde ich Grösse 44 und mehr tragen, denn ich weiss ja endlich, wie ich das verhindern kann.

Vielleicht wollte ich mir als abschreckendes Beispiel für mögliche Versuchungen meinerseits ein paar Hosen behalten. Vielleicht auch, weil sie so unglaublich bequem sind und ohne weiteres mehrere Grössen abdecken könnten – im Falle eines unwahrscheinlichen Falles. Aber angezogen habe ich sie nie mehr, wer braucht Bequemhosen, die jede Gewichtszunahme locker wegstecken, wenn meine Figur es zuliess, enganliegende Jeans und elegante Stoffhosen zu tragen.

Denn nie mehr werde ich nach Diäten, revolutionierenden Erfindungen, ultimativen Versprechungen und auf jeden Werbefurz springen müssen, diese Zeit ist für immer vorbei!

Dachte ich!

Ihr ahnt was kommt! Klammheimlich, fast schon verschämt schlich ich gestern in den Keller, holte den Karton mit besagten Hosen und schmiss alle wütend in die Waschmaschine, als ob die schuld wären, dass ich wieder 12 Kilo mehr auf den Rippen habe und die einfach nicht mehr runter bekomme. Ich hätte heulen können, so saumässig gefrustet war ich.

Ich bin wütend, richtig wütend auf mich, aber ich schaffe es einfach nicht, mickrige zwölf Kilo abzunehmen, das ist doch eigentlich nicht die Welt.

Aber es ist eine Tatsache, nicht ich bestimme meine Tagesform, sondern meine Waage, das Luder.

Froh und aufgestellt starte ich in den Tag, wenn der Zeiger 200 Gramm nach unten geht. Depressiv und grau wird er hingegen, wenn es umgekehrt ist, auch wenn sich ein noch so strahlend schöner Sonnentag ankündigt. Wehe, ich gehe ins Restaurant, erdreiste mich noch ein Glas Wein zu trinken, dann quittiert mir am nächsten Morgen die Waage die Rechnung, nein, nicht 200 Gramm mehr, sondern ein Kilo.

Wieso lasse ich mir das überhaupt gefallen, werfe diesen Tyrannen nicht einfach auf den Müll, schliesslich enden wir alle mit oder ohne Waage in einem Häufchen von einem bis eineinhalb Kilo Asche, dies ob wir zu Lebzeiten 60 oder 120 Kilo schwer sind.

Obwohl ich im Alltag eine strukturierte Frau bin, die das was sie will auch umsetzt, bringe ich es nicht fertig, mein Gewicht auf ein gesundes Niveau zu bringen. Ich erwarte schon längst nicht mehr, eine Bikinifigur zu erreichen, aber wenigstens so, dass ich, ohne wie ein altes Ross zu schnaufen einen leicht steigenden Hügel hochkomme. Ist denn das verdammt nochmals zu viel verlangt!?

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