«Die Beschäftigung mit der eigenen Biografie lässt tiefer in das Wunder des Lebens Einblick nehmen»

Hier den Autorennamen eingeben, 21.08.2023

Julia Onken
Julia Onken

Wer seine Lebensgeschichte aufschreibt, entdeckt Existenzielles: zum Beispiel den Sinn seines Daseins. Sich schreibend mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen, schafft die Voraussetzung, um die eigene Identität neu zu begreifen und damit Klarheit für die persönliche Zukunft zu erlangen. Erfahrungen zu reflektieren und Zusammenhänge zu erkennen, ist allerdings eine herausfordernde Aufgabe. Der von der bekannten Psychotherapeutin, Dozentin und Buchautorin Julia Onken initiierte Lehrgang «Dipl. Biografie-Schreibpädagogin» befähigt die Absolventinnen, Menschen beim Aufspüren und Niederschreiben ihrer Lebensgeschichte zu begleiten. Im Gespräch geht Julia Onken auf die Bedeutung des biografischen Schreibens ein und erläutert, weshalb es von Vorteil ist, sich dabei von einer Fachperson begleiten zu lassen

Julia Onken, der verstorbene Sänger und Komponist Udo Jürgens hat dem Wort einmal ein ganzes Lied gewidmet. Mit einer Strophe des Textes hebt er die Bedeutung des Wortes auf besonders eindrückliche Weise heraus, in dem er feststellt: «Wort, du bist so leise und so sacht. Dabei hast du die grösste Macht, die diesen Erdenball umschliesst und ihn regiert». Welche Bedeutung messen Sie persönlich dem Wort zu?

Wir sind schliesslich Bürger und Bürgerinnen zweier Welten: einer materiellen und einer geistigen. Der Körper ist gebunden an Werden und Vergehen. Das Wort indessen ist nicht raum- und zeitgebunden, also unvergänglich. So ist es wohl nicht verwunderlich, dass wir uns zum Ewigen hingezogen fühlen, denn daraus erschliesst sich die Kraft für die gestaltende Lebensenergie.

Zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort liegen unter Umständen Welten. Wo orten Sie die grössten Unterschiede?

Das geschriebene Wort, vorausgesetzt es ist nicht durch die Kläranlage der Vernunft gefiltert worden, kann unbewusstes Material ans Tageslicht befördern. Werden Texte vorgelesen, wird den Worten Sauerstoff zugeführt und damit kann es in eine noch tiefere Bewusstseinsschicht vordringen.

Eine zusätzliche Bedeutung erhält das Schreiben, wenn das eigene Leben zum Thema wird. Weshalb?

Mit dem Schreiben haben wir die Möglichkeit, vielleicht noch unbekannte seelische Landschaften auszukundschaften. Wir entdecken da nicht nur uns Bekanntes wie sonnige Blumenwiesen, sondern gleichermassen auch beinahe unwegsame Pfade und Sumpfgebiete. Die Auseinandersetzung damit sind schreibtherapeutische Prozesse: Es wird vor allem Belastendes von der Seele geschrieben.

Worum geht es im biografischen Schreiben konkret?

Viele Menschen haben das Bedürfnis, einen Überblick über das eigene Leben zu erhalten. Dazu gehört das Zurückschauen und den roten Faden in der eigenen Geschichte zu erkennen, die Themen, die es zu bearbeiten und zu überwinden galt, zu benennen und dadurch mehr an Selbsterkenntnis zu gewinnen.

Datenschutzhinweis
Diese Webseite nutzt externe Komponenten, welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Lesen Sie dazu mehr in unseren Datenschutzinformationen.
Notwendige Cookies werden immer geladen